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Von den Gefahren beim Sport (Februar 2022)
Maximilian Kralik

Regelmäßig kommt es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Frage, wieviel Risiko für die (eigene) körperliche Unversehrtheit mit einer Sportart verbunden ist und welche Sorgfalts- und Aufklärungspflichten den Veranstalter treffen. Grundsätzlich ist nämlich anerkannt, dass eine gewisse, bei den einzelnen Sportarten mehr oder weniger große und verschiedenartig bedingte Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Sportausübenden im Wesen des Sports begründet ist. Nur, wer nach dem Motto „No sports!“ lebt, vermeidet dieses Risiko – aber nicht jeder kann oder möchte es Winston Churchill gleichtun. (Und nur der historischen Korrektheit halber, da dieses Zitat nicht verbürgt ist: Churchill war in jungen Jahren durchaus als Fechter, Schütze, Reiter und Polospieler sportlich aktiv, belehrt uns Wikipedia).

Daher: Wer als Teilnehmer an einer gefährlichen Sportveranstaltung teilnimmt, nimmt das damit verbundene, in der Natur der betreffenden Veranstaltung gelegene Risiko auf sich und handelt auf eigene Gefahr – dies jedoch nur, soweit er das Risiko kennt oder kennen muss.

Aus diesem Grund muss der Sportveranstalter – vor allem bei einer Risikosportart – auf alle typischen, für ihn erkennbaren Sicherheitsrisiken hinweisen. Dies gilt insbesondere dann, wenn er das notwendige Sport- oder Fun-Gerät zur Verfügung stellt. Die gebotene Aufklärung hat den Teilnehmer in die Lage zu versetzen, die Sicherheitsrisiken ausreichend und umfänglich abzuschätzen, wobei die Aufklärung so konkret, umfassend und instruktiv zu erfolgen hat, dass sich der Teilnehmer der möglichen Gefahren bewusst wird und diese eigenverantwortlich abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht ist demnach umso strenger, je gefährlicher eine Sportart ist und je weniger damit zu rechnen ist, dass sich der Teilnehmer der Gefahrenlage bewusst ist. Pflichten im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten dürfen aber nicht überspannt werden, weil sportliche Aktivitäten grundsätzlich gefördert und nicht unmöglich gemacht werden sollen.

In einer aktuellen Entscheidung des OGH ging es um einen Unfall beim Canyoning. Im Rahmen einer Anfängertour verletzte sich die (spätere) Klägerin beim Abrutschen auf einer geneigten Felsplatte, in der durch den Wasserdurchfluss eine natürliche Rinne entstanden war, welche ca 1,5 m breit und ca 12 m lang war („Lange Rutsche“). Die Vorinstanzen stellten zwar fest, dass diese „Lange Rutsche“ von den Angaben im Prospekt für diese Anfängertour abwichen, dennoch entspreche diese Stelle dem gebuchten Anfängerlevel. Die Gerichte kamen zum Ergebnis, dass die Teilnehmerin an der Canyoningtour ausreichend in die Lage versetzt wurde, die Sicherheitsrisiken vor Bewältigen der „Langen Rutsche“ umfänglich abzuschätzen. Nach den Feststellungen haben die Tourenführer die Teilnehmer zu Beginn der Tour darüber aufgeklärt, dass Sprünge und Rutschen auf sie warteten und wie sie sich beim Rutschen richtig zu verhalten hätten. Zusätzlich haben sie die Teilnehmer auch unmittelbar vor Passage der „Langen Rutsche“ über deren Dimensionen informiert; einer der Guides habe nochmals demonstriert, dass man beim Rutschen die Hände vor dem Körper verkreuzen sollte. Die Teilnehmerin wurde daher ausreichend über die Risiken der Sportart informiert, weshalb sie ihren Anspruch nicht auf eine fehlerhafte Aufklärung stützen konnte. Ihr Begehren auf Schadenersatz wurde daher abgewiesen, was schließlich der OGH bestätigte. (OGH 22.04.2022, 8 Ob 15/22x)

Ganz allgemein sei noch ergänzt: Je unerfahrener die Teilnehmer sind, desto höher wird der Anspruch an den Veranstalter sein, für Instruktoren oder Helfer zu sorgen, auch (gerade bei Kindern und Jugendlichen) für entsprechendes Aufsichtspersonal. Und da beim Sport immer etwas passieren kann, wird es auch Aufgabe des Veranstalters sein, für Unglücksfälle vorzusorgen. Entsprechende Erste-Hilfe-Ausrüstung sollte in Reichweite sein, ebenso müssen die erforderlichen Notfall-Telefonnummern griffbereit sein. Aufgabe des Veranstalters ist nicht nur, das ihm Zumutbare vorzukehren, dass nichts passiert, sondern auch, darauf vorbereitet zu sein, dass eben doch etwas passieren kann.